Summer Song

SUMMER SONG
Im Zentrum des Abends steht Dave Brubecks Jazzballade "Summer Song" – "ein Sommer wie damals". Das Brüderpaar im Gedankenaustausch über ihre Arbeit als Klavierduo und über den Konzertabend "Summersong"
Johannes: Bei der Auswahl unseres Repertoires fragen wir uns immer: Welche Komponisten und Werke berühren uns und haben uns etwas zu sagen? Dann erarbeiten wir eine persönliche Interpretation, um unser Publikum damit zu erreichen.
Eduard: Dabei spielt es für uns keine Rolle, ob diese Komponisten und Werke aus dem klassisch-romantischen Bereich kommen oder aus dem Jazz, ob sie zum Genre Filmmusik oder Programmmusik gehören oder ob es Eigenkompositionen sind.
Johannes: Natürlich gibt es persönliche "Säulenheilige", die über allen Dingen stehen und die einen wesentlich prägen. Dazu gehören sicher Bach und Haydn, Liszt und Schubert, aber genauso zählen wir dazu Piazzolla und Schostakowitsch, Brubeck oder Sakamoto.
Eduard: Dass seit nunmehr über 25 Jahren das Komponieren für mich zu einem wichtigen künstlerischen Ausdrucksmittel geworden ist verdanke ich natürlich in erster Linie der Beschäftigung mit den wichtigsten Werken der wirklich großen Meister.
Jazzparaphrasen für zwei Klaviere
Eduard: Innerhalb der letzten zehn Jahre habe ich Jazzparaphrasen für zwei Klaviere verfasst und versucht, meinen Lieblings-Jazzstandards eine ganz persönliche Note zu verleihen. Ich verstehe meine Kompositionen als Tagebuchnotizen, die dem Grundcharakter des entsprechenden Titels besonderes Gewicht verleihen.
Johannes: Alle Themen fanden ihren Weg in bekannte Filme. Eine Version von "Fly Me To The Moon", 1964 von Frank Sinatra aufgenommen, wurde sogar während des Apollo-11-Mondlandeflugs per Funk übermittelt. Der sentimentale Bossa-Nova "The Shadow Of Your Smile" aus "The Sandpiper" gewann den Oscar als bester Filmsong. Und "Try To Remember" – fast wie eine Beschwörungsformel mit Zeilen wie "freundlich sanfte Tage" und "Träume neben dem Kopfkissen aufzubewahren" – wurde als Filmmusik für einen Science-Fiction-Film verwendet.
Eduard: Dieser Zyklus endet dann sehr ausgelassen mit "Sweet Georgia Brown", einem wahrhaften „Immer-Grün“ aus dem Jahr 1925, der ein Mädchen besingt, nach dem alle Männer verrückt waren und diente als Soundtrack für Billy Wilders Glanzstreifen "Some Like It Hot".
Johannes: Die ausgewählten vier Jazzstandards hat Eduard gleichsam als "Suite für 2 Klaviere" aneinandergereiht und mit klassisch-pianistischen Mitteln durchtränkt: frei komponierte Einleitungen, Fugenelemente und raffinierte Wechsel der Tonarten korrespondieren mit dem klar identifizierbaren Original im jeweils charakteristischen Rhythmus: Medium-Swing, Bossa-Nova, Jazz-Ballade und Fast-Swing.
Eduard: Dave Brubecks "Rhythm & Swing" trifft einen sozusagen körperlich. Sein Zitat: "Das musikalische Notizheft ist für einen reisenden Musiker genauso wichtig wie das Skizzenbuch für einen Maler. Wenn man von Reisegeräuschen eingelullt wird, dem Dröhnen des Flugzeugs, dem Rumpeln des Busses, dem Rattern der Schienen oder auch dem Zischen des Radiators in einem fremden Hotelzimmer, springen die Themen plötzlich ins Bewusstsein. Wenn ein Skizzenbuch bei der Hand ist, kann man einen flüchtigen Gedanken einfangen, damit er später entwickelt, arrangiert oder verändert wird." Diese Aussage hat mich immer tief beeindruckt und gezeigt, dass er eigentlich – wie Liszt – auf seine Art und Weise Programmmusik geschrieben hat.
Johannes: Brubeck und sein Quartett entwickelten eine große Vorliebe für ungerade Taktarten – das "Blue Rondo A La Turk" im 9/8-Takt und "Take Five" im 5/4-Takt sind die bekanntesten Beispiele dafür. Ebenso im 5-er Takt swingt lässig der "Castilian Blues" dahin. Und die rasant dahin fegende Einleitungsnummer "Fast Life" wechselt innerhalb des Stückes den Takt: 2/4-Takte gehen nahtlos in 3/4-Takte oder atemberaubende Be-Bop Sequenzen über.
Eduard: Im Zentrum dieser Brubeck-Suite stehen aber zwei langsame Kompositionen. Zum einen die sehr freie Jazzballade "In Our Own Sweet Way" und zum anderen die Jazz-Fantasie "Summer Song", die als Namensgeber für diesen Konzertabend fungiert und uns beim Spielen immer wieder tief berührt.
"Ein Sommer wie damals …" ist nur einer der sehr emotionalen Gedanken, die bei diesem Stück fast reflexartig aufblitzen. Schon als Jugendlicher, inspiriert von Brubecks Live-Auftritt beim Jazzfest Wiesen Mitte der 80er, entwickelte ich eine tiefe Bewunderung für ihn und arrangierte zwischen 1998 und 2013 zahlreiche seiner Meisterwerke für zwei Klaviere.
Johannes: Ich gestehe unumwunden, dass ich in letzter Zeit am liebsten die Kompositionen meines Bruders gespielt habe und da steht ganz oben auf der Hitliste "In Rot". "Der Leiermann", das letzte Lied in Schuberts Liederzyklus "Die Winterreise" beginnt mit einer "Leeren Quinte", die Eduard in seinem "Dialog für 2 Klaviere" aufgreift und an den Beginn stellt.
Eduard:Aber nicht, wie bei Schubert, als Todesahnung verheißender Bordun ("Wunderlicher Alter, soll ich mit dir geh'n?"), sondern als improvisatorisches Element, das einen sehr lebensbejahenden Dialog einleitet. Denn ROT ist die Farbe des Lebens und der Liebe und beide Themen – Liebe und Tod – sind letztendlich die beiden einzig relevanten Bereiche in der Kunst und im Leben und kein Weg führt daran vorbei. Das kroatische Volkslied "Oj, Jelena, Jelena" wird – ganz nach dem Vorbild Brubecks – in einem 5/2-Takt variiert um schließlich nach einer skizzenhaften Fuge mit einem choralhaften ungarischen "Ave Maria" nahtlos in einen Blues überzugehen.
Johannes: Bekannt geworden ist die Melodie des kroatischen Volksliedes vor allem, weil sie Joseph Haydn im 4. Satz seiner 104. Sinfonie verarbeitet hat.Unterschiedliche Stile prallen aufeinander, fügen sich aber mit Feuer und Leidenschaft zusammen.
Eduard:Zu Beginn des Konzerts präsentieren wir unsere Favoriten "Adios Nonino" und "Escualo" von Astor Piazzolla – einem Komponisten, dessen berührende Emotionalität uns stets an Schubert erinnert und der die Tradition der Liszt'schen Programmmusik in seiner Erzählkunst fortführt.
Johannes: Wir freuen uns sehr darauf, diese berührenden Momente mit unserem Publikum bei den "Summer Concerts" zu teilen!
TERMIN
Freitag, 13. Juni 2025, 18:30
Eduard Kutrowatz, Klavier
Johannes Kutrowatz, Klavier
PROGRAMM
Astor Piazzolla: Tango Nuevo (Bearbeitung für 2 Klaviere von Kyoko Yamamoto)
Adios Nonino, Escualo
Eduard Kutrowatz: In Rot (Dialog für 2 Klaviere nach kroatischen und ungarischen Themen)
Eduard Kutrowatz: Jazzparaphrasen für 2 Klaviere
Fly Me To The Moon, The Shadow Of Your Smile, Try To
Remember, Sweet Georgia Brown
Dave Brubeck: Selection for 2 Pianos (Bearbeitung für 2 Klaviere von Eduard Kutrowatz)
Fast Life, Three To Get Ready, Castilian Blues, In Your Own Sweet
Mehr Artikel finden Sie in unserem neuen Liszt Magazin.