Franz Liszt

Vom Wunderkind zum Virtuosen und Visionär

Geboren am 22. Oktober 1811 in Raiding gilt Franz Liszt als Schöpfer einer völlig neuartigen Klaviermusik und eines zukunftsweisenden Kompositionsstils, die poetischen Ideen als Form für eine moderne musikalische Sprache zu verwenden. Geleitet von einer Vision, seine Gedanken hinaus in die Welt zu tragen, wurde er durch seine ausgedehnten Konzertreisen durch ganz Europa bald zum Kosmopolit und beeindruckte in den bedeutendsten Metropolen durch seine einzigartige Vortragsweise und seine Virtuosität.

Das Liszt Festival Raiding versucht nun, seine musikalischen Gedanken wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück zu führen und will seinen Besucher:innen die Möglichkeit bieten, seine Musik mit den besten Interpret:innen der Welt an ihrem ursprünglichen Ort des Entstehens zu erleben.

 

Jugend und erste Wanderjahre
Geboren 1811 in Raiding im Mittelburgenland wurde Franz Liszt bereits in seiner frühesten Kindheit als pianistisches Wunderkind gefeiert. 1823 übersiedelte er mit seiner Familie nach Wien, wo seine erste Komposition entstand. Studienaufenthalte in Paris sowie Konzerttourneen durch Frankreich, die Schweiz und England folgten. In den folgenden Pariser Jahren veröffentlichte Liszt nur wenige Kompositionen. Die erhaltenen Manuskripte und Skizzen dokumentieren das tastende Suchen nach einer persönlichen musikalischen Ausdrucksweise. Liszt schloss Bekanntschaft mit Wortführern der literarischen romantischen Bewegung und avanciert zum Liebling der Pariser Gesellschaft. Unter den befreundeten Musikern sind vor allem Berlioz und Chopin zu nennen, auch Paganini diente ihm als Leitfigur für sein Selbstbild als Virtuose. 1833 lernte Liszt seine spätere Lebensgefährtin Gräfin Marie d’Agoult kennen, mit der er die nächsten vier Jahre in der Schweiz verbrachte. Von der Schweiz aus unternahm er Reisen nach Frankreich und Italien. Die Aufenthalte in der Schweiz und in Italien schlugen sich künstlerisch in einer Reihe von poetischen Klavierstücken nieder, die Liszt in die Sammlung „Album d’un voyageur“ aufnahm und später in die beiden ersten Bände der „Années de pèlerinage“ umarbeitete.

Virtuosen- und Glanzperiode und die Weimarer Zeit
1838 war der Auftakt einer beispiellosen Virtuosenkarriere. Liszt brach zu ausgedehnten Tourneen durch ganz Europa auf. Begeisterter Zuspruch und fanatischer Jubel lassen bald die sog. „Lisztomanie“ aufkommen. Im Februar 1848 ließ sich Liszt mit seiner neuen Lebensgefährtin, der Fürstin Carolyne v. Sayn-Wittgenstein in Weimar nieder. Als Hofkapellmeister forcierte er das zeitgenössische Repertoire, darunter vor allem Kompositionen von Schumann, Berlioz und den im Schweizer Exil lebenden Richard Wagner. Es entstehen u.a. Hauptwerke wie die Klaviersonate in h-moll, die beiden Klavierkonzerte, der Totentanz sowie die 12 Symphonischen Dichtungen, die Faust- und die Dante-Symphonie, mit deren Konzeption der einsätzigen Symphonischen Dichtung er eine Neuorientierung der Symphonik nach Beethoven im Zeichen des „Poetisch-Musikalischen“ bzw. der sog. „Programmmusik“ versuchte. Durch das Wirken von Franz Liszt wurde Weimar zu einem Zentrum des musikalischen Fortschritts in Deutschland, was ab 1859 zur Bezeichnung „Neudeutsche Schule“ führte. Daneben arbeitete er eine Reihe von früheren Werken in gültige Fassungen um, wie z.B. „Années de pèlerinage“ (Bd. 1-2) oder die „Rhapsodies Hongroises“ Nr.1-15. Die Altenburg, der Wohnsitz Liszts in Weimar, wurde zu einem intellektuellen Anziehungspunkt für junge Künstler und Schriftsteller aus ganz Europa. 

Rom und die letzten Jahre
1861 legte Liszt sein Amt in Weimar nieder und brach nach Rom auf. Die Römer Zeit ist stark geprägt von einer Hinwendung Liszts zum Katholizismus und der Komposition geistlicher Musik, veranlasst durch private Schicksalsschläge. Hier entstanden nach der „Graner Messe“ mehrere Psalmvertonungen, die „Missa choralis“ sowie die beiden Oratorien „Die Legende von der Heiligen Elisabeth“ und „Christus“. Ab 1869 wohnte Liszt jeweils mehrere Monate des Jahres abwechselnd in Weimar, Pest und Rom. 

Er bildete in Klaviermeisterklassen Generationen junger Pianisten aller Nationalitäten aus und wirkte gleichzeitig am Aufbau einer genuin ungarischen Musikkultur mit. In den späten Jahren vollzog sich in seinen Kompositionen eine immer stärkere Abkehr vom musikalischen Mainstream, was sich an der zunehmenden Isolation und Experimentalität des Spätwerks ablesen lässt: „Années de pèlerinage“ (3. Bd.), „Die Glocken des Straßburger Münsters“, „Historische ungarische Bildnisse“, „Rhapsodies hongroises“ No.16-19, „Von der Wiege bis zum Grabe“, „Via crucis“. Besonders die späten Klaviersolostücke „Quatre valses oubliées“, „Bagatelle sans tonalité“, „Csárdás macabre“, „csárdás obstiné“, „Nuages gris“, „Unstern“ u.a. kennzeichnen diese Entwicklung. Und auch der Tod Richard Wagners schlug sich in seinen letzten Werken nieder: „La lugubre gondola“, „R.W. – Venezia“ und „Am Grabe Richard Wagners“. Am 31. Juli 1886 starb Franz Liszt in Bayreuth an den Folgen einer Lungenentzündung.